Eiger Ultratrail 2018

Blitz, Donner und Humor an der Eiger Nordwand

Nachts aufstehen hieß es bei meinem 10. Ultratrail, dem  Eiger Ultratrail in Grindelwald in der Schweiz. Der Start zum 101km langen Trail mit 6700 Höhenmetern war für uns um 4h früh. In der Nacht kurz nach dem Start war es noch angenehm warm, später zogen nach dem Sonnenaufgang immer wieder dunkle Regenwolken vorbei und es war ein Wechsel zwischen Sonne und Regen. Die erste Hälfte ging über die große Scheidegg, First und Faulhorn und ich konnte immer wieder den Panoramablick auf den Eiger und die Eigernordwand genießen. Erst am späten Vormittag waren die Wolken komplett verschwunden und es wurde richtig heiß.
Nach über 60km Strecke beim Aufstieg von Wengen zum Männlichen begann es zu donnern. Ich hab Gas gegeben, um die nächste Verpflegungsstation auf dem Männlichen möglichst schnell zu erreichen. Das Gewitter wurde immer schlimmer und nach ca. drei Viertel des Anstiegs kamen mir 5 Läufer und ein Mann von der Bergwacht von oben entgegen und sagten ich muss umkehren. Damit hatte ich nicht gerechnet, ich dachte nach oben komm ich schneller aus der Nummer raus. Das Rennen ist unterbrochen, weitergehen durch die Lawinenverbauung aus Metall wäre zu gefährlich. Also müssen wir den ganzen Weg wieder zurück nach Wengen absteigen. Mittlerweile schüttet es in Strömen. Dort völlig durchnässt angekommen ging es für mich und ca. 150 weitere Läufer erstmal in das Treppenhaus des Sportzentrums in Wengen. Es war nicht klar, ob es überhaupt nochmal weitergeht oder das Rennen komplett abgebrochen wird. Eine herausfordernde Situation für alle. Eine kleine nette Pause konnte schnell zur mentalen Herausforderung werden! 14h habe ich bereits in den Knochen und dann der abrupte Rückwärtsgang. Jetzt war Flexibilität und Humor gefragt. Ein kleiner Sitzplatz unter der Kellertreppe war noch frei, ich ziehe meine letzten trockenen Ersatzkleider an und trockne den Rest notdürftig. Per Telefon tausche ich mich mit Petra Weber meiner Partnerin und Mentalcoach aus, sie ist oben auf dem Männlichen im Gewitter, checkt die Lage und versucht mich  mit Informationen über das Wetter oben am Berg und den weiteren Rennverlauf zu versorgen. Nach über einer Stunde Wartezeit endlich eine Nachricht: Das Rennen wird fortgesetzt! Die Art und Weise war aber etwas ungewöhnlich, nämlich per Seilbahn. Gefreut hat sich darüber nicht wirklich jemand. Also wieder hinaus in den strömenden Regen und für mittlerweile 200 Läufer ab in die Seilbahn. Oben auf dem Männlichen sollte es dann um 20h einen Neustart geben, um auf verkürzter Strecke über die kleine Scheidegg zurück nach Grindelwald ins Ziel zu gelangen. Ein Teil der Strecke wurde wegen Sturm und zu gefährlichen Bedingungen geschlossen. Einige Läufer waren an der Grenze ihrer Motivation und Ausdauer. Sie hatten bereits im Sportzentrum den Löffel geschmissen. Auf dem Männlichen auf 2200m Höhe treffe ich dann kurz Petra. Nach der Startaufstellung in der prall gefüllten Gaststube ging es um 20h los zur letzten Etappe. Nach ca. 1 Stunde hat es dann aufgehört zu regnen und ich lief in der Abenddämmerung am Fuße der Eiger Nordwand entlang hinunter nach Grindelwald. Ich habe mich riesig gefreut, dass es trotz der schwierigen und ungewöhnlichen Bedingungen am Ende doch noch möglich war das Rennen laufend im Ziel in Grindelwald zu beenden!